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MiKaDiv und die neue Reclaim Schnittstelle: Finanzinstitute im Wettlauf gegen die Zeit

Inhaltsverzeichnis

 

Auf europäischer Ebene arbeitet die Europäische Kommission mit der FASTER-Initiative derzeit an der Einführung eines einheitlichen digitalen Entlastungssystems für ausländische Quellensteuer. Wie seine Nachbarländer Schweiz, Österreich und Dänemark nimmt sich auch die deutsche Steuerbehörde einem digitalisierten Melde- und Beantragungsverfahren bei der Quellensteuerabwicklung an. Die Bemühungen des BZSt sind lobenswert, wenngleich ein komplexes Unterfangen für Finanzinstitute – und wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Ulrich Vogl, Co-Founder und CTO des Quellensteuer-Fintech RAQUEST, und Manfred Artmeier, Head of Growth bei RAQUEST, beschäftigen sich seit einiger Zeit mit den Digitalisierungsvorhaben der Steuerbehörden. Wir haben die Quellensteuer-Experten zum Interview geladen, um das Vorhaben des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) näher zu beleuchten und die damit verbundenen Handlungsschritte und Herausforderungen für Finanzinstitute zu verstehen.

 

Frage 1: Die Digitalisierung im Steuerwesen hat Fahrt aufgenommen. Sofern alle Mitgliedsstaaten zustimmen, soll FASTER ab 2027 europaweit Anwendung finden. Das BZSt will seine digitale Schnittstelle bis 2025 zur Verfügung stellen, gleichzeitig wird das neue Meldeverfahren MiKaDiv verpflichtend für Depotbanken und inländische Zahlstellen eingeführt. Woher kommt dieser Digitalisierungswille?

Manfred Artmeier: Der Digitalisierungswille wird vor allem dadurch gespeist, dass sich auch Finanzbehörden Arbeit ersparen möchten. Stand heute gibt es noch viele Beantragungswege, die Systembrüche haben, und dadurch Mehraufwand verursachen. Der wichtigste Treiber für die Digitalisierung ist allerdings der politische Wille auf europäischer Ebene: Der „Kapitalmarkt Europa“ soll wieder attraktiver werden. Und so kam es auch zur FASTER-Initiative, getrieben durch die Kapitalmarktunion. Dahinter steht die Vision, dass der europäische Kapitalmarkt in Zukunft mit dem US-amerikanischen Markt Schritt halten kann und sich deshalb auch das Steuerwesen weiterentwickeln muss. Das Lobbying aus dem Banking treibt die Digitalisierungsbestrebungen zusätzlich an – eine klare Willenserklärung dafür, dass wenn Banken ihren Kunden bereits ein bestimmtes Service-Level bieten – gleichwohl ob institutionellen oder privaten Anlegern – sie dieses halten wollen und auch in den kommenden Jahren so effizient und digital wie möglich gestalten möchten.

Ulrich Vogl: Grundsätzlich begrüßen wir alle diese Initiativen, die zur Digitalisierung in diesem Finanzbereich beitragen. Wir wünschen uns hier in Zukunft allerdings mehr Koordination zwischen den einzelnen Dynamiken – auch auf europäischer Ebene – damit sowohl der europäische, aber vor allem der deutsche Kapitalmarkt, für Investoren wieder an Attraktivität gewinnt und die Vorhaben ohne gegenläufige Konflikte umgesetzt werden können. Außerdem sollten alle Initiativen langfristig einen Mehrwert bieten und daher „sauber“ aufgesetzt werden. Dazu zählen das Trace-Verfahren der OECD, das FASTER-Proposal der EU, MiKaDiv in Deutschland oder die digitalen Einreichungsmechanismen für Steuerrückforderungsanträge in anderen Ländern.

Frage 2: Was bedeutet die Digitalisierungsdynamik für Finanzinstitute? 

Manfred Artmeier: Chance und Risiko zugleich. Die Chance liegt darin, dass das Quellensteuerwesen insgesamt digitaler wird und Banken ihren Service in Zukunft papierlos und kostengünstig anbieten können. Nachteil des Ganzen ist der immense Zeitdruck. Sobald die Digitalisierung durch den Regulator vorgegeben wird, müssen Banken schnell agieren und haben erstmal Mehrarbeit. Banken verfügen über limitierte IT-Ressourcen, die parallel noch weitere regulatorische Themen bewältigen müssen oder sich auch zukunftsträchtigeren Themen, wie Open Banking, widmen. Dadurch kann durch die Digitalisierungsdynamik für Banken auch schnell die Gefahr entstehen, abgehängt zu werden – sollten sie keinen guten Digitalisierungspartner an der Hand haben.

Ulrich Vogl: Digitalisierung bedeutet auch immer eine größere Verfügbarkeit von Daten. Diese müssen zusammengetragen, gepflegt und in die bestehenden Prozesse der Bank eingearbeitet werden. Das kann für Banken wiederum zur Folge haben, dass sie den Mehraufwand tragen müssen, der bei der Finanzbehörde wegfällt. Die Digitalisierungsdynamik kann daher auch eine Arbeitsverlagerung zwischen den Finanzinstituten und Behörden zur Folge haben.

Frage 3: Mit MiKaDiv kommen ab dem 01.01.2025 umfangreiche Meldepflichten auf Depotbanken und inländische Zahlstellen zu. Welche Auswirkungen ergeben sich daraus in der Praxis?

Ulrich Vogl: MiKaDiv – Mitteilungsverfahren Kapitalertragsteuer auf Dividenden und Hinterlegungsscheine – bedeutet, dass deutsche Zahlstellen ab dem 01.01.2025 verpflichtet sind, die Kapitalerträge auf Dividenden über ein digitales Verfahren an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden. Diese Vorgabe gilt auch, wenn es sich um eine ausländische Bank handelt, die diese Erträge auszahlt. Hier muss der Ertrag dann über die deutsche Zahlstelle gemeldet werden, also entlang der Zahlkette.  Die deutschen Zahlstellen müssen daher ein Format erarbeiten, wie sie die notwendigen Informationen für die Meldung von den ausländischen Banken übermittelt bekommen. Dafür gibt es seitens des BZSt keine konkreten technischen, sondern nur inhaltliche Vorgaben. Im Endeffekt müssen deutsche Zahlstellen, Intermediäre sowie ausländische Banken bis zum 01.01.2025 eine Lösung finden, wie der Datenaustausch in Zukunft geregelt wird. Gerade ausländische Banken müssen sich im Vorhinein im Klaren sein, wie sie dieses Verfahren abbilden wollen und anschließend auf ihre Verwahrstellen zugehen. Deutsche Finanzinstitute, die Erträge auszahlen, müssen sich wiederum direkt mit dem Meldeverfahren auseinandersetzen, um im Bilde zu sein, welche Informationen an das BZSt gemeldet werden. In diesem Zuge begrüßen wir die Standardisierungsbemühungen verschiedener Akteure, wie zum Beispiel die des Verbandes der ausländischen Banken, um gleich von Beginn an eine Vereinheitlichung dieser Prozesse und Datenformate anzuregen. Letztendlich wird so das Risiko minimiert, dass jede Zahlstelle bzw. jeder Intermediär ein eigenes Verfahren aufsetzt, welches übergreifend nicht zu weniger, sondern zu deutlich mehr Aufwänden für alle Seiten führen würde.

 

Frage 4: MiKaDiv-Meldungen sollen künftig direkt elektronisch über die Schnittstelle an das BZSt erfolgen. Zugleich soll es seitens des BZSt eine Massendatenschnittstelle für die Quellensteuerrückforderungen geben. Hierbei handelt es sich um zwei komplett getrennte und auch technisch unterschiedliche Schnittstellen. Wie passt MiKaDiv in das Gesamtkonzept und welche Funktion hat die Massendatenschnittstelle des BZSt im Prozess der Quellensteuerrückerstattung?   

Ulrich Vogl: Grundsätzlich ist das Steuer-Reporting über die MiKaDiv-Schnittstelle die Voraussetzung, um überhaupt über die Massendatenschnittstelle des BZSt die Quellensteuer rückfordern zu können. Die Verpflichtung für deutsche Zahlstellen, eine Steuerbescheinigung auszustellen, wird zukünftig durch das deutsche MiKaDiv-Verfahren insofern ersetzt, als dass Steuerbescheinigungen nur noch für in Deutschland steueransässige Investoren ausgestellt werden. Für alle diejenigen, die nicht in Deutschland steueransässig sind, wird lediglich eine digitale Meldung durchgeführt. Dabei entsteht eine sogenannte Ordnungsnummer, die benötigt wird, um Steuern rückfordern zu können. Ab dem Jahr 2025 muss, die über die MiKaDiv-Schnittstelle erhaltene Ordnungsnummer, bei der Massendatenschnittstelle des BZSt für Rückforderungen mit angegeben werden – ansonsten wird zukünftig eine Rückforderung der Quellensteuer aus dem Ausland nicht mehr möglich sein.  Zusammenfassend ersetzt MiKaDiv somit das bisherige Steuerbescheinigungsverfahren und ist zudem die notwendige Voraussetzung, um Rückforderungen überhaupt durchführen zu können – schlussendlich muss sich also jeder mit MiKaDiv beschäftigen.

Manfred Artmeier: Wenn die Massendatenschnittstelle des BZSt 2024 so umgesetzt wird, wie wir uns das schon länger wünschen, haben wir in Deutschland einen wichtigen Meilenstein erreicht und endlich auch einen Marktstandard beim Rückforderungswesen verwirklicht. Andere Länder in der EU haben dieses Verfahren bereits sehr gut in die Praxis umgesetzt – ein Beispiel dafür ist die Schweiz.  Die Massendatenschnittstelle des BZSt ergänzt eine derzeit nicht praxistaugliche Regelung – die Quellensteuer-Rückforderung über das BOP-Portal. Momentan stellt dieser Verfahrensweg einen erheblichen Nachteil für den deutschen Kapitalmarkt dar, denn man kann Quellensteuern nicht im Massenverfahren (stückzahlmäßig) zurückfordern und es bestehen erhebliche Haftungsbedenken, ob Banken diesen Service so für ihre Kunden anbieten dürfen. Wir befürworten daher die Umsetzung einer Massendatenschnittstelle, die marktüblich umgesetzt werden sollte. Um unsere Erfahrung diesbezüglich auch an den richtigen Stellen einzubringen, sind wir in Form einer User Group auch schon im Austausch mit Verbänden und dem BZSt, damit es eine praxistaugliche, investorenfreundliche Schnittstelle umgesetzt wird.

Ulrich Vogl: Noch zu erwähnen ist, dass uns bereits die Nachfrage erreicht hat, ob es Sinn macht, das BOP-Portal technisch an die individuellen Bankensysteme anzubinden, solange die Massenschnittstelle noch nicht zur Verfügung steht. Grundsätzlich ist dies technisch möglich, dennoch raten wir aufgrund des enormen Aufwands für so eine Übergangslösung, sowie aus Haftungsgründen davon ab.

Frage 5: Mit der Entscheidung, Rückerstattungsanträge künftig nur noch per elektronischem Weg zu akzeptieren, folgt Deutschland dem Beispiel der Schweiz oder Dänemark. Dieses Verfahren wird wohl in vielen Ländern zum neuen Standard werden. Für Finanzinstitute bedeutet dies, dass die Steuerbehörden verschiedenster Länder angebunden werden müssen. Ist das überhaupt machbar?

Manfred Artmeier: Definitiv ja! Es ist sogar eine erhebliche Erleichterung für alle Beteiligten. Die elektronische Datenübermittlung ist leichter, kann schneller abgewickelt werden und kostengünstiger erfolgen – das heißt konkret: weniger Manpower sowie weniger Prozessaufwand. Wir gehen daher stark davon aus, dass es durch die Umstellung auf ein digitales Verfahren mehr Anträge geben wird. Ist es auch für alle Banken machbar? Ebenfalls ja. Allerdings ist es bei den Banken eher eine Frage der Prioritätensetzung bei den eigenen, internen IT-Projekten. Banken haben grundsätzlich drei Möglichkeiten auf die Änderungen servicetechnisch zu reagieren: entweder bieten Finanzinstitute das physische Verfahren des Rückforderungsservices in den Ländern, die auf das digitale Verfahren wechseln, gar nicht mehr an – dies würde in einem Serviceabfall bei den Kunden resultieren und jede Bank müsste für sich prüfen, ob zudem ein Kundenversprechen vorliegt. Alternativ könnten Finanzinstitute einen partiellen Service für ein bis zwei Hauptmärkte anbieten. Nachteil bei dieser Lösung wäre das Schaffen eines „Stückwerks“. Besonders bei Endkunden könnten Banken hier Gefahr laufen, die Lösung eines „Flickenteppichs“ zu schaffen, wenn eine Bank beispielsweise zwei von drei Investitionsmärkten des Kunden servicetechnisch abdeckt und der Kunde sich für Rückforderungen aus dem dritten Markt einen anderen Dienstleister suchen muss. Die dritte Möglichkeit der Banken liegt darin, eine ganzheitliche Lösung mithilfe von einem Dienstleister oder Tool zu implementieren. Wir von RAQUEST wollen Finanzinstituten eine zentrale Plattform für die Rückerstattung europäischer Quellensteuern in allen Investitionsmärkten bieten, egal ob digital oder noch auf dem Papierweg. Aus diesem Grund sind wir in diversen User Groups, wodurch wir direkten Zugang zu neuesten Informationen und Entwicklungen bekommen und in den Dialog mit der ausführenden Behörde gehen können. Mit unserem gesammelten Wissen haben wir uns bereits an die Umsetzung einer passenden Lösung begeben.

Ulrich Vogl: Wenn eine Bank sich dafür entscheidet, Quellensteuer-Processing in ihrem Service-Portfolio anzubieten, muss letztendlich intern vorab eine „Make“ or „Buy“- Entscheidung gefällt werden. Von den Kunden wird in diesem komplexen Bereich explizit die dritte Alternative und eine „One fits all“-Lösung gefordert, die wir mit RAQUEST zur Verfügung stellen. Mit unserer Schnittstelle STTI haben wir bereits die Basis für die digitale Datenübermittlung an diverse Steuerbehörden geschaffen (wie z. B. für die Märkte Dänemark, Schweiz oder auch Österreich). Banken können ihre Systeme mit dem RAQUEST STTI-Gateway verbinden. Das Gateway bietet zudem eine Vereinheitlichung für die verschiedenen Technologien und Prozesse der Märkte. Entwickeln Banken ihre digitale Schnittstelle selbst, muss für jeden Beantragungsmarkt eine unterschiedliche Softwarelösung implementiert werden. Das Aufsetzen und Implementieren, aber auch das Warten dieser „Make“-Lösung wird aufwandtechnisch für Banken sehr hoch sein. Denn wenn die Bank beispielsweise 10 dieser Schnittstellen für verschiedene Märkte individuell gebaut hat, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich innerhalb eines Jahres an einer Stelle in der Prozesskette wieder etwas geändert hat. Ein ewiges „Hinterhersteuern“ wäre die Konsequenz bei dieser Variante und der Grund, warum sich viele Finanzinstitute in Zukunft für ein fertiges Produkt und die “Buy”-Variante, statt für eine Eigenlösung entscheiden werden.

 

Frage 6: Eine universelle Schnittstelle für alle Steuerbehörden würde den Digitalisierungsprozess der Behörden definitiv zusätzlich beschleunigen und den Arbeitsaufwand minimieren. Welche weiteren Vorteile hat das RAQUEST STTI-Gateway für Finanzinstitute und warum sollten Finanzinstitute eine solche Schnittstelle implementieren?   

Ulrich Vogl: Die Vorteile von unserem Gateway haben wir in der vorherigen Frage bereits etwas angeschnitten. Bei unserer RAQUEST STTI Lösung handelt es sich um ein Schnittstellengateway, worüber unterschiedliche Übertragungs-Technologien und –Formate abgebildet werden. Wir reden hier also von einer schnellen und nahtlosen Integration in vorhandene Systeme und große Skalierbarkeit. Es ist eine Out-of-the-box-Lösung für Finanzinstitute, bei der wir uns, im Rahmen einer Subscription, um jegliche (auch regulatorische) Updates kümmern und die Schnittstelle aktuell halten. Zudem gewährleisten wir höchste Zuverlässigkeit und Sicherheit bei der Datenübermittlung, da alle Daten end-to-end verschlüsselt sind.

Manfred Artmeier: Außerdem muss man hervorheben, dass die RAQUEST STTI bereits bei 23 Instituten im Einsatz und somit geprüfter Industriestandard ist. Bislang ist uns kein weiteres Gateway bekannt, das einen ähnlichen Verbreitungsgrad in Europa hat.

 

Frage 7: Mit Blick auf den Anleger: Macht es die Digitalisierung insgesamt für Investoren einfacher, Rückerstattungsansprüche geltend zu machen und hat das Ende der Botenlösung und die Änderung des Gesetzes bzgl. Ansässigkeitsbescheinigungen einen direkten Effekt?

Ulrich Vogl: Generell beobachten wir eine zunehmende Digitalisierung in allen Märkten, was zu begrüßen ist. Speziell im deutschen Markt und in Anbetracht der Massendatenschnittstelle des BZSt muss man besonders die papierlose Umsetzung hervorheben. Zukünftig werden alle Daten digital an die Schnittstelle des BZSt geschickt und gelten so über ein digitales Zertifikat als beantragt. Investoren profitieren also davon, dass Rückerstattungsansprüche durch die Digitalisierung und Produkte wie RAQUEST von den Finanzinstituten schneller und kostengünstiger angeboten und abgewickelt werden können. Der negative Aspekt dieser Umstellung ist allerdings die große Datenvielfalt, die sich das BZSt über die Schnittstelle wünscht. Das führt zu deutlich erhöhten Projektaufwänden bei den Banken. Als Privatanleger selbst Quellensteuer-Rückforderungen abzuwickeln, macht hingegen in den meisten Fällen keinen Sinn. Allein im Investitionsmarkt Deutschland ist es schwierig, den Überblick über alle individuellen Regelungen zu behalten. Außerdem müsste sich jeder Privatanleger grundsätzlich mit jedem seiner Investitionsmärkte auseinandersetzen und auch firm in allen entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen sein – das kann kaum jemand umfassend leisten.

Manfred Artmeier: Wir haben mal grob geschätzt, dass ein gewiefter Privatinvestor pro Investitionsmarkt, in dem er die Quellensteuer selbst zurückfordern will, einen Aufwand von mindestens zwei Urlaubstagen hat. Da muss man sich im Klaren sein, ob man diese Zeit selbst in die Rückforderungen investiert oder ob man diese Arbeit den Banken übergibt. Denn der Bereich der Quellensteuer-Rückforderungen ist und bleibt das Kernmetier der Banken. Das Ende der Botenlösung und die Gesetzesänderung zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe soll es Banken zukünftig wieder erlauben, Ansässigkeitsbescheinigungen für ihre Kunden zu beantragen, noch bevor es zur digitalen Rückerstattungsbeantragung kommt. Der gesamte Prozess wird dadurch vorne durch die vereinfachte Beantragung der Ansässigkeitsbescheinigung sowie im weiteren Verlauf durch die elektronische Übermittlung an das BZSt schlanker und noch schneller – ein double win!

 

Frage 8: Es macht also Sinn, dass Banken den Service der Quellensteuer-Rückerstattungen weiterhin für Ihre Kunden übernehmen. Wurden denn vom BZSt bereits die notwendigen Informationen veröffentlicht, damit sich die Institute auf das neue Verfahren vorbereiten können?

Ulrich Vogl: Es macht auf jeden Fall Sinn, dass Banken diesen Service weiterhin übernehmen. Banken müssen sich langsam auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Einerseits müssen für die Beantragung über die neue Massendatenschnittstelle ab 2024 erstmal die technischen Voraussetzungen geschaffen und die notwendigen Daten in die Systeme integriert werden. Allerdings gibt es dafür noch keine finalen Spezifikationen, denn momentan liegt seitens des BZSt nur ein Entwurf vor. Anfang Dezember wird in einer zweiten User Group ein neuer Entwurf vorgestellt. Wir gehen davon aus, dass dieser dann weitestgehend endgültig sein wird, sodass Banken sich dann konkret mit den Vorgaben beschäftigen und Vorkehrungen treffen können. Wie bereits angesprochen, tritt ab 2025 auch das MiKaDiv-Verfahren in Kraft und jedes Finanzinstitut nimmt daran über seine Verwahrstelle, sprich über die Zahlkette, teil. Institute sollten bereits jetzt die notwendigen Vorbereitungen treffen und mit der Verwahrstelle Kontakt aufnehmen, um abzuklären, welche Komponenten für eine systemische Umsetzung notwendig sind.

Frage 9: Das klingt nach einem langen, anspruchsvollen Weg, den Finanzinstitute vor sich haben. Sie haben sich bereits intensiv mit den Anforderungen beschäftigt. Wo sehen Sie die kritischen Punkte?

Manfred Artmeier: Ein besonders kritischer Punkt bei der Massendatenschnittstelle des BZSt wird das kurze Zeitfenster sein, innerhalb welchem Banken die Änderungen implementieren müssen. Auch ein Testsystem innerhalb dieser Rahmenbedingungen zu entwickeln und zu implementieren, wird eine zusätzliche Herausforderung sein. Die zweite große Aufgabe, die sich aktuell herauskristallisiert, ist, dass viele Finanzinstitute eine solche Umstellung zum ersten Mal überhaupt vornehmen. Deutschland ist ein wichtiger Investitionsmarkt und deswegen müssen die Banken diese Umstellung zwingend umsetzen, um keine Kunden zu verlieren oder einen Serviceabfall zu erleiden. Das wiederum hält für Digitalisierungspartner wie RAQUEST Chancen bereit und eröffnet die Möglichkeit, den Instituten bei der Prozessimplementierung unterstützend zur Seite zu stehen.

Ulrich Vogl: Für den operativen Ablauf innerhalb der Finanzinstitute heißt das ganz konkret, dass die Erträge aus dem Jahr 2020 zwingend innerhalb von 2024 über die neue Schnittstelle beantragt werden müssen, denn der Papierweg ist ja bis dahin bereits abgeschafft worden. Sofern eine die Umsetzung nicht zeitgerecht erfolgt, ist das Risiko eine Verjährung der Ansprüche latent.

 

Frage 10: Welche Empfehlung sprechen Sie Finanzinstituten aus, um in die Umsetzung zu kommen und sich auf die neuen Verfahren vorzubereiten?  Können Finanzinstitute zum aktuellen Zeitpunkt nur abwarten und dann schnellstmöglich genug Manpower abstellen, um die Schnittstelle fristgerecht zu implementieren?

Manfred Artmeier: Wir raten Finanzinstituten, die Änderungen beispielsweise in Prozessen und Abläufen oder Systemen vorzubereiten und bereits im Vorhinein Einfluss zu nehmen. Das bedeutet, bis die endgültigen Spezifikationen vorliegen, Einfluss über Verbände oder im Austausch mit Technologieanbietern wie RAQUEST zu nehmen und die Umstellung dann zeitnah zu implementieren.  Zudem sollten Finanzinstitute schnellstmöglich Wissen in diesem komplexen Bereich aufbauen. Das heißt, sie sollte nicht nur intern Wissen aufbauen, sondern auch externe Weiterbildungsangebote in diesem Bereich wahrnehmen. RAQUEST hat beispielsweise Expertengruppen für beide Themen ins Leben gerufen – für das MiKaDiv-Verfahren und die Massenschnittstelle des BZSt – um sich auch auf Industrie-Ebene austauschen zu können.

Ulrich Vogl: Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass es hier um die deutsche Steuer geht – Deutsche Banken kennen sich aus. Ausländische Banken eher weniger. Die wenigsten bzw. nur einige wenige, große Finanzunternehmen können auf eine große Fachabteilung mit Steuerexperten zurückgreifen. Daher wird es auch für kleinere und mittelgroße ausländische Finanzinstitute wichtig sein, sich Implementierungspartner an die Seite zu holen, die tiefgründiges Fachwissen und Tools mitbringen. Was den externen Wissensaufbau angeht, bietet RAQUEST speziell für das Thema MiKaDiv und die Massenschnittstelle des BZSt ein Webinar an.

 

Das Interview steht Ihnen zum Download zur Verfügung.

 

Sehen Sie sich den ausführlichen Webcast mit unserem Quellensteuer-Experten und CTO von RAQUEST, Ulrich Vogl, an.

 

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